Wednesday, April 01, 2009

Menschen! Alles doch nur Menschen!

Mein erster Tag in der Welt der Spieleentwickler. Alles Zauberer hier, nicht? Alle sprechen Japanisch, aber ansonsten schauen sie ganz erstaunlich alltaeglich aus. Meine groesste Waffe, gefaelschtes Understatement, rennt offene Tueren ein: Niemand nimmt besonders Notiz von dem neuen Blondschopf. Der andere in der 80 Mann starken Bande (+ 3 Frauen) hat sich schon eine Glatze rasiert. Steht mir das auch bevor?

Ich werde herumgefuehrt, nehme an einem Meeting teil, bekomme eine Maschine. Spannung steigt ... und faellt: Eine brave Kiste, gute Graphikkarte von vor 18 Monaten. Tastatur: very basic. "Kauf dir gerne eine bessere." - "Aha, wieviel darf sie denn kosten?" - "Soviel du willst, es ist ja deine!" - wunderbar. Aber ich werde es tatsaechlich tun, Tastaturen sind moderne Fuellfederhalter: Man laesst sich sein Familienwappen eingravieren und was immer auch geschieht, man gibt sie nie wieder her.

Ich war auf Hoellengewitter gefasst. Gesammelte Erzaehlungen in meinem Kopf ueber katastrophale Arbeitsbedingungen in Japan (200% unbezahlte Ueberstunden, Gehalt mit 3 Monaten Verspaetung), und die Realitaet dagegen noch voellig wehrlos auf einer kurzen Wartebank in der Zukunft. Doch dann .. laesst man mich einfach erstmal ankommen.

Ich lese in Ruhe die detaillierten Arbeitsbedingungen, auf die im Arbeitsvertrag nur verwiesen wird, vermutlich aus aesthetischen Gruenden, oder weil sie sich einfach zu oft aendern. Dort finde ich auch die 40-Stunden-Woche, die auf der Anwerbungs-Webseite noch sofort ins Auge sprang, erst nach langer Recherche wieder. Warum so verwinkelt? Bezahlung gibt es noch vor Ende desselben Monats.

Ich ertappe mich Nachmittags, wie ich ueber Konsolen-Spieleentwicklung lese, dass ich mich wie zu Hause fuehle, nur dass ich diesmal dafuer bezahlt werde. Grossartig. Die junge Sekretaerin kommt irgendwann mit einem Handwagen, bringt eine frische XBOX360. Fuer mich. :D. Ansonsten Windstille. Niemand sieht irgendwie gestresst aus oder schuettete gar Kaffee in sich hinein. Mein Chef programmiert einen Tisch weiter, mit dem Ruecken zu mir, vor 4-5 Monitoren, kommt mal vorbei um mir die empfohlenen Mittagspausenzeiten darzulegen, fragt ob ich was brauche.

Und irgendwann fangen die Leute an zu gehen. Einfach so, ohne Abschiedsentschuldigung "weil der Chef ja noch dableibt". Am Ende frage ich ihn, ob es ok fuer mich waere, auch zu gehen. Ja klar. Schulterzucken in meinem Kopf. Vielleicht habe ich mich im Land geirrt, oder vielleicht habe ich auch einfach Glueck. Oder mal sehen, was ich in 4 Wochen schreibe.

Wednesday, March 25, 2009

Sonn- und Feiertage ausgenommen

Wann hattest du das letzte mal morgens beim aufstehen dieses "Das ist ein fantastischer tag!"-gefühl?

Gibt es eine studie zum thema, wann frauen statistisch gesehen am häufigsten vom heiraten sprechen? Also, eine kirche, die "heiraten auf zeit" anbietet wäre hier in Japan der renner!

Monday, March 23, 2009

Killer-spiele

Nicht abschrecken lassen: Einst spielte ich 'Unreal'. Im grunde ein klassischer First-person-shooter. Unter den gamedesignern muss sich damals allerdings ein hobby-ethnologe gehalten haben: Klar indiskutabel zunaechst freilich die feinde im spiel, aaaber .. die freunde! Die friedliebende indigene bevölkerung jenes planeten, den es zu retten gilt, bewirbt sich mit riten die auf ein spirituell differenziertes kulturgut hinweisen. Der außerirdische sprachfluss gibt - mit voellig fiktiver grammatik - doch emotionen preis und macht neugierig, was denn da genau gesprochen werde. Aber auch die bösen jungs im spiel vertreten eine art kultur, zugegebenermaßen eine eher gängige "ich-nix-freund"-haltung, aber das zumindest vor dem hintergrund einer architektonisch-technischen hochkultur. Bei zeiten kam gar der wunsch auf, auch einmal die seiten zu wechseln - eine wahlmöglichkeit die bei aktuellen titeln gerne auch mal geboten wird.

First-person-shooter(FPS)-spiele statten den spieler mit einer dezidiert feindlichen umgebung aus, und mit probaten mitteln, sich gegen selbige zu erwehren. I.a. bieten spiele die möglichkeit zu aktivitäten, die zwar reizvoll, gleichwohl in der realität nur schwer auszuüben sind. Reizvoll scheint also auch das kämpfen zu sein, gegen physische gegner, mit physischen mitteln. Unkompliziert wie sonst nur wenige dinge.

Ich schaetze unsere gewaltfreie zivilisation (privilegiert wie wir sind), und daß das physische kämpfen nicht a priori zur menschlichen natur gehört, verbleibe unangefochten. Nach denkanstößen wie Unreal jedoch sehe ich respekt als eine dimension der haltung gegenueber dem andersartigem, die von einer möglichen konfrontation völlig unabhängig ist.

[Achtung: Dieser beitrag wurde unter dem einfluß von killerspielen verfasst.]

Monday, March 02, 2009

ich weiß, bei euch ist es auch kalt

Meine mutter hatte in ihrer alten wohnung ja diesen küchenschrank mit lüftung nach draussen, als kühlschrankergänzung im winter. Ich kann behaupten, dass ich auch eine solche erweiterung habe: Meine ganze küche. Eigentlich kann ich meinen kühlschrank abschalten und seine tür offentstehenlassen. Die Japaner waren schon immer führend in energiebewusster technologie.

Wednesday, February 11, 2009

westernstadt-fernost

Sich daran gewöhnt haben. An Japan? Kann ich irgendwie noch nicht behaupten. Will man das denn? Aber man will doch vertrautes um sich haben. Aber gleichzeitig ist spannung und ein bisschen zauber nicht schlecht. Ich habe immernoch beides, frei haus, in dieser stadt die mich doch irgendwie besitzt. Ich fühle mich immernoch angenehm weitergespühlt im strom der zeit hier. Die häuser-stile wettern immernoch wahnwitzig chaotisch gegeneinander, und geben meiner fantasie input. Was findet in ihnen alles statt? Welche leben nisten dort, wie funktionieren die und wer hat sich das alles ausgedacht? Könnte mir das alles nicht schon längst bekannt sein?

vorbereitungen

Mir einen neuen rechner kaufen mein japanisch für programmierer-jargon fitmachen mein japanisch überhaupt noch fitter machen mich um sowas wie steuererklärungen und rentenversicherung kümmern erfahrung mit game-engine-entwicklung sammeln mich in aktuelle grafikkarten-features einarbeiten mir aber gleichzeitig maßnahmen gegen das verNerden zurechtlegen mir mal paar frische klamotten kaufen haare mal endgültig schneiden lassen mein fahrrad aufpumpen .. und den vorerst letzten bulk an frei(einteilbarer)zeit nicht verpuffen lassen.

der schlafende muß erwachen

Es warten nun viele dinge: Eine Go-partie mit Arne etwa, die seit jahrzehnten in der schwebe hängt. 1000 emails zu beantworten, dieser blog eine partielle abgeltung dieser schuld. Ein produktiver kickstart ohnegleichen, da es nun endlich wieder eine real-life-power-aufgabe gibt mit einer menge an nötigen vorbereitungen und einer deadline.

Am 21.1. hatte ich mein zweites interview bei einer kleinen spiele-firma. Wieder meinen guten anzug an, sprach ich eine halbe stunde mit dem überraschend sympatischen chef allein, legte dabei wieder wortgewand meine abgedroschen-hochpolierten selbstverkaufsargumente auf den tisch und wähnte zuletzt zu verstehen, daß er mir einen arbeitsvertrag zuschicken wollte. Überglücklich schmiss ich eine spontanparty am selben abend. Nach nun ca 3 wochen hatte sich gestern bei mir der eindruck ausreichend erhärtet, daß sie mich tatsächlich einstellen wollen.

Ich habe vor glück geheult. Ab morgen geht's daran, das arbeitsvisum zu bekommen, und am 1. april fange ich (zum teufel mit dem konjuktiv) dann an.